Liebe Gegner von Stuttgart 21,
liebe Befürworter von Stuttgart 21,
neulich habe ich einen sehr netten Blogartikel gelesen (klick) in dem die Autorin Pro und Contra von Stuttgart 21 auflistet. Was ihr gefällt und was sie für puren Blödsinn hält (wenn man das mal so sagen darf). Und nach dem Lesen dacht ich mir so, Mensch, das ist doch genau das, was du auch darüber denkst!
Die Tage vor dem 1. Oktober, so eine Hochrechnung, wurden mit dem Hashtag #Stuttgart21 etwa 200 Tweets am Tag verzeichnet. Letzten Donnerstag, als das „große Krabbeln“ los ging waren es auf den Tag gerechnet an die 4000 Tweets!! Medienberichterstattung hier, Medienberichterstattung da, überall konnte man nur noch #Stuttgart21, #S21 oder auch #K21 lesen. Als gäbe es nichts anderes mehr in der Timeline. Selbst habe ich auch meinen Teil dazu beigetragen, die Zahl in die Höhe zu treiben, aber aufgeregt hat es mich dennoch. Zeitungen haben von Vorfällen geschrieben, die jemand dort „durch das Megafon gebrüllt habe“. Selbst waren sie aber nicht vor Ort sondern beruhen sich auf Nachrichten die als Tweet oder Facebooknachricht rein kam.
Keine paar Stunden später dann die Entwarnung, war doch nicht so schlimm wie vermutet, aber Hauptsache mal mit gemischt, damit keiner sagen kann, ihr kümmert euch ja gar nicht um solche hohen Angelegenheiten!
Stuttgart 21 ist ein großes Thema und kein Tag vergeht, an dem man es nicht mindestens zehn Mal (allein auf dem Weg zur Arbeit) gehört hat. Die Tageszeitung ist voll davon und man muss die anderen Schlagzeilen schon fast suchen.
Am Anfang dachte ich, es sei ein übler Scherz mit: Polizei geht auf Schüler mit Schlagstöcken los. Tags drauf wurde mir dann berichtet, dass es wirklich, wenn auch kleinere, Übergriffe der Polizei auf Teilnehmer der Schülerdemo gab. Zum Einsatz der Wasserwerfer weiß ich noch nicht, was ich dazu halten soll. Einerseits muss man nicht wirklich so große Geschütze aufladen, andererseits, wie hätten die wenigen Polizisten denn sonst die ganze Menschenmenge vom Platz tragen sollen? Und eine andere Frage, die mir beim Thema Polizei kommt, sind denn auch wirklich alle Polizisten für Stuttgart 21? Es gibt ja immer noch die Meinungsfreiheit und warum sollte die im Arbeitsvertrag „ausgehebelt“ werden? Bei der geringen Anzahl an verfügbaren Polizisten sind sicher auch welche gegen den Tiefbahnhof. Von anderen Landkreisen sind extra Busse voll PolizistInnen angereist gekommen um den Stuttgartern unter die, im wahrsten Sinne des Wortes, Arme zu greifen.
„Wir sind friedlich, was seid ihr?“ wurde oft von den Parkschützern gerufen. Aber geh doch mal als Polizist zu einem hin und sprich zu ihm: „Hey, also wir würden jetzt ganz gerne den Platz frei machen, da hier gleich ein Zaun aufgebaut werden soll um die 25 Bäume zu fällen und den Südflügel abzureisen. Wäre sehr nett von dir, wenn du dich zu den anderen da hinter die Absperrung begeben könntest! Dankeschön.“ Der wird dich doch auslachen!
Immer noch im Gespräch ist ja der runde Tisch, an dem Gegner und Befürworter teilnehmen sollen. Voraussetzung der Gegner ist, dass der Abriss gestoppt wird. OK. Und was gibt es als Gegenleistung? Hören die dann auf zu demonstrieren? Ich finde es gut, von der CDU, den Schritt zu gehen, sich auf ein erneutes Gespräch einzulassen. Reicht das denn noch nicht? Ist es denn nicht schon ein Entgegenkommen, dass (vorerst) keine weiteren Bäume abgeholzt werden und der Südflügel (vorerst) nicht abgerissen wird?
Aber um noch mal auf den ganz am Anfang genannten Punkt zurück kommen zu wollen. Wenn sich der Text auch mehr Pro S21 liest, ich weiß noch nicht wirklich, ob ich für den Tiefbahnhof oder den Kopfbahnhof bin. Ich weiß aber zumindest, dass die Argumente, die die Gegner für den Kopfbahnhof nennen, meines Erachtens nicht sehr aussagekräftig sind. Denn. Es gibt noch kein fertiges Konzept, denn das, das jetzt schon zur Einsicht vor liegt kostet kein drittel des Tiefbahnhofes und die Erschwernis für ältere, bzw. gehbehinderte Menschen ist im Kopfbahnhof noch viel größer. Steigt diese Person z.B. irgendwo am falschen Ende vom Zug ein müsste er theoretisch in Stuttgart den ganzen Bahnsteig (etwa 400 Meter) vor laufen. Hält der Zug dann auch noch an Gleis 16 und der nächste fährt von Gleis eins ab, sind es hier auch noch mal an die 200 Meter Fußweg. Und dann kommt die Entfernung zum nächsten Abteil hinzu. Wäre es da nicht einfacher die Rolltreppe oder den Aufzug hoch, rüber und wieder runter?
Was mich noch abhält an den Tiefbahnhof zu glauben sind die immer wieder steigenden Kosten. OK. Würde der Staat das Geld hier nicht ausgeben, dann wo anders, aber nicht da, wo es viele gerne hätten!
Themen über die ich mir noch Gedanken machen muss:
- „Mauerbau“ zwei Tage vor dem Tag der Deutschen Einheit
- Bedrohte Käferart im Schlossgarten
- Ist ein Volksentscheid wirklich so „gut“, wie alle sagen
Mein Motto zum Schluss: Es muss etwas getan werden. Egal welche Variante, aber es muss passieren! So ist der Hauptbahnhof kein Vorzeigeobjekt mehr.